Tanja Riegraf

Heute schreibe ich nicht nur als Heilpraktikerin für Psychotherapie, sondern auch als Mutter. Ein Thema, welches mir besonders am Herzen liegt, ist Freundschaft – und was passiert, wenn sich eine vermeintliche Freundschaft ins Gegenteil verkehrt.

Wir alle wünschen uns Freunde. Menschen, die uns verstehen, bei denen wir einfach wir selbst sein dürfen. Gerade Kinder und Jugendliche sehnen sich nach Zugehörigkeit, nach einer Freundesgruppe, nach dieser einen besten Freundin oder dem einen besten Freund, mit dem man lachen, weinen und Geheimnisse teilen kann.

Doch was passiert, wenn genau diese Freundschaft kippt? Meine Tochter hat genau das erlebt. Sie war Teil einer Gruppe, hatte ihre „beste Freundin“. Anfangs war es wunderschön – sie lachten zusammen, schrieben sich Nachrichten, machten Pläne. Doch schleichend veränderte sich etwas. Kleine Sticheleien, ein fieser Kommentar, ein abwertender Blick. Und plötzlich war da eine Kälte, ein Ausschluss, ein Tuscheln hinter dem Rücken.

Was mich als Mutter besonders getroffen hat, war das unsichtbare Leid. Denn meine Tochter hat lange geschwiegen. Sie dachte, sie selbst sei das Problem. Dass sie zu empfindlich sei. Dass sie irgendwie falsch reagiert habe.

Aber sie war nicht falsch. Das war Mobbing. Und das ausgerechnet von einer Person, die sie ihre Freundin genannt hatte.

Ich erzähle dir das nicht nur, weil es mir ein Bedürfnis ist, sondern weil ich glaube, dass wir genauer hinschauen müssen – auf diese Grauzone zwischen Freundschaft und Mobbing. Denn oft beginnt es leise. Mit kleinen Machtspielchen. Mit subtiler Abwertung, mit Ausgrenzung, mit psychischem Druck. Und oft erkennen Kinder (und auch Erwachsene!) viel zu spät, dass sie sich in einer toxischen Dynamik befinden.

Was kannst du tun, wenn du spürst, dass sich eine Freundschaft nicht mehr gut anfühlt?

  • Höre auf dein Bauchgefühl. Wenn du dich nach einem Treffen klein, wertlos oder traurig fühlst, stimmt etwas nicht.
  • Sprich darüber. Mit deinen Eltern, mit Vertrauenspersonen oder auch mit professioneller Unterstützung. Schweigen macht einsam.
  • Setze Grenzen. Du musst dich nicht rechtfertigen, wenn du dich abgrenzen möchtest. Wahre Freundschaft braucht keine Rechtfertigungen.
  • Freundschaft ist freiwillig. Sie darf nie Druck, Angst oder Kontrolle bedeuten.

Ich bin unendlich stolz auf meine Tochter, dass sie den Mut gefunden hat, sich zu lösen. Sie hat nach dieser schwierigen Zeit bewusst einen neuen Weg eingeschlagen und macht derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Und was soll ich sagen? Sie blüht auf. Sie hat dort Menschen getroffen, die sie wirklich sehen, wie sie ist – freundlich, empathisch, kreativ. Sie hat neue Freundschaften geschlossen, die ihr guttun, die auf echter Wertschätzung basieren.

Heute kann ich sagen: Ihr geht es wieder gut. Und das gibt Hoffnung – auch für andere, die gerade mittendrin stecken.

Als Heilpraktikerin für Psychotherapie arbeite ich regelmäßig mit Jugendlichen und Eltern, die solche Erfahrungen gemacht haben. Und ich weiß: Man kann gestärkt daraus hervorgehen. Es tut weh – ja. Aber es ist möglich, sich wieder zu öffnen, zu vertrauen, neue gesunde Beziehungen zu finden.

Wenn du – oder dein Kind – ähnliches erlebt hast, weißt du: Du bist nicht allein. Und du musst das nicht alleine durchstehen.

Von Herzen,

Tanja Riegraf

Heilpraktikerin für Psychotherapie

Juni 13, 2025 |